Schon oft habe ich geschrieben, dass wir den Mut haben müssen zu scheitern, dass dies schwer sei, es aber die Aufgabe von Anführern wäre, dieses Risiko zu tragen.
Übersehen habe ich dabei, dass ich hier nicht für jede und jeden das gleiche Maß verwenden darf.
Hier habe ich ein unbewusstes Denkmuster übersehen.
Mary-Frances Winters schreibt in ihrem Buch „Inclusive Conversations“, dass es für nicht-privilegierte Gruppen schwerer sei zu scheitern.
Sie spricht vor allem über Menschen mit dunkler Hautfarbe in den USA, dieser Gedanke lässt sich aber auf alle Minderheiten übertragen.
Er gilt also auch für Frauen, die „Fehler“ im Rahmen ihrer beruflichen Karriere machen, oder ebenso für Männer, denen „Fehler“ beim Umgang mit Kindern unterlaufen.
Wenn sie von diesen Gruppen begangen werden, ist der Schaden objektiv genauso groß wie von jeder anderen Person.
Es fällt uns allen aber eher auf.
Nicht-privilegierte Gruppen werden, so Winters, schon seit ihrer Kindheit zu Stärke und Perfektion erzogen – oft auch aufgrund von schmerzlichen Erfahrungen mehrerer Generationen. Es fällt ihnen also ungleich schwerer, den Mut zum Scheitern aufzubringen, als zum Beispiel mir (männlich, weiß) im beruflichen Kontext.
Weil es schwerer ist, ist es freilich nicht falsch.
Wir sollten einmal mehr erkennen, dass Menschen unterschiedlich sind und wir uns um Verständnis bemühen müssen bevor urteilen.