Seit einigen Jahren kann man (wenn man will) sehr deutlich beobachten, dass Kompromisse nicht mehr gefragt sind.
Überall muss ich mich klar und deutlich für eine Seite entscheiden. Möglichst schnell und gerne auch radikal.
Radikal, dass war eigentlich mal etwas unaussprechliches.
Heute ist es cool, wenn man möglichst weit außen steht, so wie in den Siebzigern, „als die Jugend noch rebellisch war.“ Der Kompromiss, der eigentlich die Basis unserer Demokratie ist – denn ohne Kompromisse gibt es die nicht – der ist ziemlich out.
Vor allem in der Politik fällt das auf. Die Ränder werden stärker, weil dort die sind, die eine klare Meinung haben, ohne wenn und aber. Man könnte auch sagen eine einfache Meinungen, ohne Weitsicht.
Wenn wir weiterhin die große Errungenschaft unserer freien, friedlichen und wohlhabenden Gesellschaft genießen möchten, dann sollten wir Kompromisse wieder stärker schätzen lernen.
Natürlich ist das anstrengend. Es erfordert Zeit sich die Meinung aller anzuhören, Fakten aus mehreren Quellen zu prüfen, zu debattieren, zu verhandeln und manchmal auch zu streiten.
Für Außenstehende wirkt dass dann oft wie Gemauschel, der kleinste gemeinsame Nenner und die Mühe nicht wert.
Tatsächlich sorgen aber Kompromisse dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt, niemand auf der Strecke bleibt und alle am gleichen Strang ziehen. Kompromisse vereinen, radikale Alleingänge spalten.